Restselbstbild

Kondensation

 

Seit neuem können wir uns die Erde ja auch von aussen betrachten.

Es soll Astronauten gegeben haben, die ihr Leben lang nie eine starke Emotion zeigten. Scheinbar durch nichts zu erschüttern waren. Stählerne  Kämpferinnen der Stern Eroberung sozusagen. Auch  ihr Tischgebet respektive Startgebet hat etwas Starres: 9,8,7,6,5,4,3,2,1..Zero.

Dazu noch in diesem breitem irdisch verschluckendem amerikanisch.

Nur ein paar Stunden im All und man hört sie mit bebend zittriger Stimme von der Schönheit der Erde erzählen. Anfangs versuchen sie noch die imaginativen Grenzen ihres eigenen Staates zu erkennen. Doch sie sehen keine Karte, was sie sehen hat schon manchem das Leben geändert. Diese feine zarte Hülle einer Atmosphäre, durchstrahlt vom tiefen Blau.

Ist es nicht das schönste den tanzenden Lichtfunken mit halb verkniffenen Augen zuzusehen, wenn sie sich im Wasser spiegeln? So zart und fein ist dieses Schauspiel. Nie hät ich es für möglich gehalten, dass sie das noch sehen von ihren Raumschiffen aus!

Doch sie sehen es das Funkeln und wie. Eine kleine Ahnung bekam ich davon, als ich Nächte lang das Nachtspaeceprogramm irgendeines Fehrnsehkanals betrachtete. Man konnte dort die ganze Nacht die Erde von aussen sehen, untermalt von Sphärenklängen und dem Kartoffelenglisch der Amerikaner ein wirklich beeindruckendes Schauspiel!

Und erst von den Rändern aus , hin zum Weltenall. Der Abend und der Morgen Streifen, die Übergänge vom Blau ins Golden, dann ins tiefe Rot und schliesslich ins noch tiefere Schwarz.

Dieses Bild brannte sich tief ein bei mir.

Und ich staunte nicht schlecht als ich es wieder sah in einem strengen Buch von Georg Kühlewind. Mit tiefer Genauigkeit forscht er am menschlichen Willen, Denken und Fühlen. Und erzählt mit eben diesem Bild, wie ein Gedanke landet und schliesslich ins Worte fällt.

Leider hab ich das Buch gerade nicht hier, und  kann so nur meinen Eindruck schildern, der mir geblieben:

Der Gedanke noch warm und strahlend berührt die oberste Schicht der Atmosphäre im Willen. Es entsteht ein leichtes Kräuseln erst an der Oberfläche. Dringt er tiefer wandelt er sich in Lichterwolken und Schleier ganz im Fühlen. Erst wenn es schliesslich regnet, schneit oder gar Hagelkörner wirft, erstarrt er zur festen Form. Zum Begriffe sozusagen. Haben wir ihn einmal erkannt ist er eigentlich schon gestorben. Er wurde abstrahiert oder eben kondensiert, bis er auf die Erde fällt.

Wir können  ihn dann sehen, meist in Worten, manchmal Bildern oder auch Geschichten.

Sie kommen von Aussen und leben noch selber. Die Aufgabe der Autoren ist es nur, sie zu landen,

Nicht die Geschichten sind es, die sie erfinden.

Nur der kurze Weg ist es, durch die Atmosphäre den sie begleiten.

Copyright 2003 by Michael Mayer